Schwarzweiß in spannend?

Schon lange wollte ich die Infrarot-Fotorafie mal ausprobieren, allerdings schreckten mich bisher der recht saftige Filter-Preis und Ablenkung durch andere Sachen erfolgreich ab. Durch den Wechsel von Twitter auf Mastodon verschob sich auch meine „Bubble“ und wurde deutlich fotolastiger. Das wiederum sorgte dafür, dass ich meinen alten Cokin-Filterhalter rauskramte, der ein jahrelanges Schattendasein frönte, und ich mir zum Geburtstag passende Filter schenkte: einen Grauverlaufs-, einen ND- und auch einen 720nm Infrarotfilter.

Dieser Blogpost beschreibt jetzt meine Lernkurve in Sachen Infrarot-Fotografie, denn ich bin relativ blauäugig an das Thema ran gegangen, wie man schon an diesem Beispiel sieht:


Hmm, gar nich mal so preiswert der Infrarot-Filter - für so’n Spielkram, um es einfach mal auszuprobieren…
Egal, dann kann ich im Winter auch Bilder machen, wo wir am Haus Wärmebrücken haben.


Das ist natürlich totaler Quatsch! Denn Infrarot ist nicht gleich Infrarot - es gibt drei Infrarot-Bänder, und Wärmebildaufnahmen haben so gar nichts mit den Aufnahmen im nahen Infrarot Spektrum zu tun (und würden mit einer normalen CCD-Kamera auch gar nicht funktionieren).

Bei den meisten Bildern lässt sich in einem neuen Browsertab durch ein Klick auf das Bild eine höher auflösende Version des Bildes laden.

Aller Anfang ist schwer…

Mein erstes Ergebnis, als ich den Filter ausprobiert habe, war auch etwas enttäuschend, denn ich hatte keinen extra Weißabgleich gemacht - wozu auch, schließlich fotografiere ich im Raw-Format! Bloß einfaches „Drehen“ an der Farbtemperatur sorgt absolut nicht für ein Infrarot-Bild, wie ich es mir vorstellte (kontrastreiches schwarzweiß). Ich musste ordentlich im Raw-Konverter biegen, um zu einem einigermaßen brauchbaren Ergebnis zu kommen.

Aller Anfang ist schwer

Erstes Infrarot-Bild im Raw-Konverter

Was natürlich auffiel, waren die sehr langen Belichtungszeiten (10 Blendenstufen mehr - in diesem Fall 1,6s bei f8 + ISO400), da die Kamera einen eingebauten IR-Sperrfilter besitzt und nicht allzuviel Infrarot durchlässt.
Fotografieren ohne Stativ wird damit so gut wie unmöglich. Ebenso wird’s bei Bewegung schwierig.
Die Kamera für die farbigen Bilder und die Aufnahmen mit Vorsatzfilter ist übrigens eine Olympus OM-D E-M1 Mark II.

Kamera-Umbau statt externen Infrarot-Filter

Vor längerem hatte ich schon gelesen, dass man sich den Sperrfilter auch entfernen lassen kann. Da wir noch die alte Olympus E-M10 von meiner Frau im Fundus hatten - inzwischen mit deutlichen Gebrauchsspuren (nicht mehr existente Beschriftung an vielen Bedienungselementen) und auch technischen Limitationen, zum Beispiel beim Rauschen in Low-Light Situationen, wurde diese Option interessant.

Die Kamera also zu IRreCams geschickt, wo verschieden Möglichkeiten angeboten werden:

  • schwächere IR-Filter für Farb-Infrarot-Aufnahmen (630nm + 550nm)

  • stärkere IR-Filter für Schwarzweiß-Infrarot-Aufnahmen (700nm + 830nm)

  • Vollspektrum-Filter, das heisst kein Filter in der Kamera, ein IR-Filter (oder IR-Sperrfilter) ist immer notwendig

Da mir wenig Vorteile einfielen, was ich mit einem Vollspektrum-Filter noch fotografieren sollte (UV?), entschloss ich mich für die 700nm Variante, auch wenn mein neuer Filter damit hinfällig wird.

Dafür kann ich euch aber hier den Vergleich des Vorsatz-Filter zum Eingebauten präsentieren.
Die umgebaute Kamera kam gerade rechtzeitig, einen Tag vor unserem Urlaubsstart. Deshalb ein paar Bilder von Amrum.

Zur Tat…

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.
Deshalb jetzt ein paar Vergleichs- und Testbilder.

Testbild bunt/Infrarot

Normal, mit IR-Vorsatzfilter und mit umgebauter IR-Kamera

             bunt                                                   ext. IR-Filter                                      int. IR-Filter                                                 
      f8 f8 f8      
      1/1250s 1s 1/640s      
      ISO200 ISO200 ISO200      

Anmerkungen: Keine Graustufenumwandlung, „Fehlfarben“ durch nicht perfekten Weißabgleich. Bei der Infrarot-Kamera gab es störende Lichtreflexe, da ich das Objektiv nicht abgeschattet hatte. Lichtreflexe scheinen im Infrarotbereich auch deutlich mehr aufzutreten. Hier ist eine Streulichtblende angeraten, was einem Cokin-Filtersystem etwas entgegen spricht.


Reicht ein IR-Vorsatz-Filter?

Die große Frage ist, ob mit einem externen Filter vergleichbare Ergebnisse erzielt werden können.
Denn nicht jede hat eine Kamera über, um sie umzurüsten (zumal es auch teurer ist).

Der Effekt, dass der Fokus nicht korrekt ist, weil bei IR der Fokuspunkt verschoben ist, trat bei meinen Bildern noch nicht auf (eher weitwinklig mit kleinerer Blende). Ich könnte mir aber vorstellen, dass die Schärfebeurteilung mit Vorsatzfilter recht schwierig ist, da das Sucherbild sehr dunkel ist.

Ob ein Vorsatzfilter überhaupt funktioniert, hängt von der Kamera bzw. dem verbauten Sperrfilter ab.

Nachfolgend zwei Bilder, wo ich versucht habe, im Raw-Konverter eine vergleichbare Stimmung zu erzielen.

Zuerst das Bild mit dem externen 720nm-Filter.
Hier fallen natürlich die Effekte der langen Belichtungszeit ins Gewicht.
Die Vegetation hat eine eher natürliche Färbung.

Vergleichsaufnahme mit externen Filter

IR-Vorsatzfilter (f8, 1s, ISO400)

Beim Bild mit der umgebauten Kamera (interner 700nm Filter) können auch bewegte Objekte scharf abgebildet werden.
Die Vegetation ist sehr hell.

Vergleichsaufnahme mit internen Filter

interner IR-Filter (f8, 1/250s, ISO200)


Vergleichsbild Infrarot-Aufnahme (interner Filter) zu bunt

Vergleichsaufnahme vom Leuchtturm

Blick vom Leuchtturm über den Zeltplatz


Pflanzen und Architektur

Vegetation wird sehr hell dargestellt

für Infrarot typisch helle Vegetation


Fazit

Da ich noch nicht so viel mit Infrarot aufgenommen habe, ist mein Resumee noch vorläufig.

  • Wie Wolken und Architektur abgebildet werden, gefällt mir auf jeden Fall gut.
  • Die hellen Pflanzen erzeugen eher ein unnatürliches Gefühl bei mir, aber ich bin auch kein Freund von zum Beispiel stark gesättigten Farben bei normalen Aufnahmen.

Ende des Jahres werde ich einen längeren Urlaub machen - ob ich dafür die kleine IR-Kamera „mitschleppe“, oder einfach nur den Filter einpacke, steht noch nicht fest.