Als Unveranstaltung die „selfsupported“ Radtour von Hamburg nach Skagen und wieder zurück

Auf ein Neues
Nach meinem ersten Transcimbrica-Versuch 2020, der ja in Aalborg endete, dem Corona-Ausfalljahr 2021 und Hoved Ting 2022 wurden dieses Jahr zwei Tourvorschläge angeboten.
Die vorherige Transcimbrica (Nordspitze Skagen) und auch Hoved Ting (rund um Fünen) sind zusammengefasst als hhskhhfyhh.
Ich entschied mich für die Trancimbrica, und das Ziel war, sie diesmal zu Ende zu fahren - also rund 1360km. Also eine Woche Urlaub eingereicht und für die Tour noch (doch etwas spät) einen Schlafsack bestellt. Der sollte etwa fünf Wochen Lieferzeit haben, kam aber gerade pünktlich am Freitag an, bervor es abends losging. Ich war also etwas besser vorbereitet als bei der ersten Tour - was soll da schon schiefgehen?

Es geht los, diesmal mit Wetter - Tag 1

Auf dem Weg zum Treffpunkt, Café Timeless in Blankenese, fing es wieder zu schneien an. Ich habe die U-Bahn genommen und nicht richtig aufgepasst, weil beim Umsteigen die Haltestelle für die S-Bahn gesperrt war. Also mit dem Rad bis Berliner Tor gefahren, das Rad mit Gepäck die Treppen hoch und runter gewuchtet, um die Bahn vor der Nase wegfahren zu sehen. Naja, 20 Minuten warten. Eigentlich war ich sehr gut in der Zeit, was sich dadurch änderte. Gegen 23:40 Uhr war ich beim Startpunkt.

verschneites Café mit Fahrrad und warm angezogenen Radlern

In Kürze geht's los

Etwas gespendet und den Schnaps für’s Ziel mit den Stickern eingepackt, und dann ging’s um Mitternacht los. Diesmal bildete sich kein Block, der gemeinsam losfuhr, weil einige entweder schon los waren oder die Nacht wegen der Glätte noch in Hamburg blieben.
Also gemütlich los. Diesmal hatte ich auch den kleinen Fotoapparat von meiner Frau dabei, weil es mich bei den letzten Touren etwas störte, nur ein Handy zum Fotografieren dabei zu haben. Deshalb ist dieser Beitrag auch fotolastiger.
Irgendwann kam eine Dreiergruppe, der ich mich für eine kurze Zeit anschloss. Nach einiger Zeit ließ ich sie aber fahren, weil ich etwas langsamer fahren wollte und auch nebenbei ein paar Bilder von dem Mond und der verschneiten Landschaft machen wollte.

Mond in der Marsch Schneebedeckter Weg, mit Spuren der Voranfahrenden

Durch die Nacht radeln

Der Schnee fing sich an den Schutzblechen, machte aber keinen Ärger. Irgendwann war die Vorderbremse eingefroren, aber die hintere tat ihren Dienst, und es war somit kein Grund zur Sorge.
Die Dreiergruppe war irgendwann eine Zweiergruppe und ich traf sie wieder, als sie eine kurze Pause machten. Wir sind dann bis kurz nach Elmshorn zusammen gefahren, wo ich sie dann hab’ weiterziehen lassen. In den Morgenstunden war dann irgendwann die Wasserflasche eingefroren und dummerweise auch der Schlauch vom Trinkrucksack - ich hätte das Wasser immer wieder zurückpusten oder als Frostschutzmittel Rotwein statt Wasser verwenden sollen… hinterher ist man immer schlauer. Die Temperaturen waren meistens um -3°C, kurz vor sechs aber auch kurz mal bei -5°C. Von der Glätte her ging es mit meiner Bereifung, nur als es die Grüntaler Brücke runterging, war unten blankes Eis - den Spuren nach sind vor mir schon einige auf ihren Clicks da längs gerutscht. Ging aber alles gut.
Mein Powerdrink war mehr Slush-Eis als sonst etwas… hab das Zeug aber irgendwann auch ignoriert und durch „richtige“ Nahrung (Riegel, Gummibärchen, Brötchen) ersetzt.

Kalt, aber schön - Windräder kurz vor Sonnenaufgang

Kältehöhepunkt, aber es wird heller

Irgendwann beim Bäcker bei Kaffee und Brötchen aufgewärmt und weiter Richtung Husum. Die Wetterlage wurde auch deutlich entspannter. In Husum „traditionell“ bei Tante Jenny gegessen. Die Nudeln sollten mich bis nach Dänemark bringen.
Die Fahrt durch die nordfriesische Marsch hatte gewisse Gegenwindpassagen und auch den ein oder anderen Regen- und Schneeschauer zu bieten. Bis auf den Gegenwind gefällt mir die Gegend ja sehr. Es sind viele Vögel und andere Tiere zu sehen. Es mangelt nur an Unterständen, wie z.B. Bushaltehäuschen.

Dunkelgrauer Himmel, davor Windräder auf Weideland

Aus dieser Position sieht der Regen schön aus - beeindruckend schön

Als eine kräftige Regenfront auf mich zukam, habe ich bei zwei Höfen geklingelt, ob ich mich unterstellen kann. Beim ersten - keiner da. Beim zweiten auch nicht, aber ich konnte untern Dach etwas stehen. Dann kam aber auch jemand, die waren draußen am Arbeiten und haben wetterbedingt abgebrochen. Der Regenguss war kurz und knackig - also konnte ich auch schnell wieder los.
In Dänemark war ich dann, als es bereits dunkel wurde - und ich müde. Kurz vor Høyer war ein Schild zu einer Unterkunft, die ich gleich genutzt habe. Die 230km für den ersten Tag reichten mir auch.

Weiter nordwärts - Tag 2

Morgens gefrühstückt, gepackt, mit der Holden telefoniert und los… kurz vor der Straße, wo der Track längs geht, fährt ein Bikepacker - „wenn das nicht jemand von uns ist“ geht mir durch den Kopf. Allerdings bin ich nicht ganz so schnell, und als erstes einen Spurt einlegen, wollte ich auch nicht. Nach einiger Zeit, als es auf einer Nebenstraße weitergeht, wartet die Fahrerin aber - der Bikepacker ist eine Bikepackerin und sie heißt Frauke. Wir fahren etwas zusammen und unterhalten uns, aber ich lasse sie fahren, denn sie ist deutlich fitter als ich und ich möchte auch weiterhin für Fotos anhalten. Insgesamt treffe ich Frauke dreimal an dem Tag wieder.

Blick auf Esbjerg im Regen, davor Wasser, Watt und Vordeichbereich

Blick auf Esbjerg bei jahreszeitlich typischer Witterung

Das Fahrrad steht vor vier Skulpturen riesiger sitzender weißer Männer

Fotostop in Esbjerg - Fahrrad und Kunst

Beim letzten Treffen hat Frauke leider Trouble mit ihren Bremsen (und, wie ich später erfahren habe, deshalb auch die Tour abgebrochen).
Wir haben uns im Supermarkt versorgt, Frauke wollte noch einen Kaffee trinken, aber ich fahre etwas weiter in der Hoffnung auf eine Pizzeria, zumal die Windrichtung eigentlich eher schiebt. Sowas muss ich ausnutzen.

Fraukes und mein Rad vorm Supermarkt im Schmuddelwetter

Versorgungsstop beim Supermarkt

Die Wetterlage ist wechselhaft und irgendwann ist alles ziemlich nass - wenn nicht vom Regen, dann vom Schwitzen unter den Regenklamotten. Von daher habe ich wieder auf ein Hotelzimmer spekuliert, aber nicht wirklich was gefunden.
Kurz vor Lemvig habe ich dann nach knapp 230km ein Bushaltehäuschen als Schlafplatz auserkoren.
War ok, aber leider hat meine Isomatte dann relativ schnell Luft verloren - ich muss mir dringend eine stichfeste Folie zum Unterlegen besorgen.

Bushaltehäuschen mit meinem Fahrrad

Meine Unterkunft für diese Nacht - am nächsten Morgen aufgenommen

Pausenlos Regen / Regenpause - Tag 3

Feld mit Hügeln, windschiefen Bäumen und Dunst

Das Bild stellt die durchschnittliche Wetterlage ganz gut dar

Morgens früh los - und es war dauernd leicht am Regnen, dadurch bin ich nur bis zum Mittag gefahren (92 km), weil ich dann in Thisted war und recht unlustig, mich weiter durch den Regen zu quälen. Im Hotel war eigentlich noch nicht die Zeit zum Einchecken, aber ein Zimmer war schon klar, und so konnte ich Wäsche waschen und etwas relaxen. Auf Mastodon habe ich über die Tour berichtet und dort den Tipp bekommen, dass es ein gutes Brauhaus in Thisted gibt. Es hörte aber nicht mit dem Regen auf, und ich konnte mich nicht aufraffen, das warme Bett zu verlassen.
Das Loch in der Isomatte war zu klein zum Finden, aber groß genug, dass die Matte nach ner halben Stunde wieder platt war - toll!

Weiter nach Skagen - Tag 4

Das Wetter war richtig gut, und so ging es nach dem Frühstück wieder los. Es war recht windig, doch meistestens kam der Wind von der Seite oder leicht von hinten. Wenn er mal von vorne kam, war Kämpfen angesagt.

asphaltierte Straße durch einen Kiefernwald

So kann ich mir das Radfahren gefallen lassen

Die Strecken waren abwechslungsreich, mit schönen Wegen durch Wald und an Wassergebieten vorbei. Irgerndwann war auch das Meer zu sehen, und der Track führte durch typische Ferienhaussiedlungen. Zum Teil musste wegen Schnee aber auch geschoben werden.
Highlight war natürlich der Leuchtturm von Rubjerg Knude, auch wenn der Weg etwas beschwerlich war, weil das Fahrrad durch den Dünensand geschoben werden musste.

Rudbjerg Knude Fyr mit Wetter
Rudbjerg Knude Fyr mit Leuten und Fahrrad

Rudbjerg Knude Fyr - ein Wahrzeichen der Region

Danach weiter, um in Skagen ein Hotel zu erwischen (noch rund 80km). Unterwegs bei einer Pizzeria mir ordentlich Kalorien zugeführt - da mein Dänisch nicht existent ist, war es doch keine vegatarische Pizza (statt scharfer Pepperoni war es Wurst), aber sie schmeckte trotzdem.
Einmal habe ich bei einem Waldweg lieber den Track auf die Landstraße verlegt, weil bei dem Weg die Sonne nicht hinkam und noch gut Schnee dort lag. Dadurch kam ich gut voran und holte Siggi ein, der sich im Gegensatz zu mir, vorbildlich an den Track gehalten hat. Von Siggi hatte ich vorher ein Video gesehen - Siggi im Sturm bei der Oddesundbrücke. Das hatte Stefan auf Mastodon geteilt, für Leute wie mich, die nicht in der Whatsapp-Gruppe sind.

Abendstimmung in den Dünen

Kurz vorher hatte Siggi für ein Foto gehalten, was ich ignorierte, aber hier musste ich auch noch mal anhalten

Bis kurz vor Skagen sind wir zusammen gefahren, dann hatte ich eine kleine Abkürzung gewählt, um noch ein Zimmer im Hotel zu ergattern, was mir auch gelang. Siggi wollte im Shelter übernachten - wenn schon draußen, dann richtig. Er freute sich auch sehr darüber, dass wir diesmal auf der Tour richtig „Wetter“ hatten. Wie ich hatte er 2020 die Tour das erste Mal mitgemacht und fand da die Wetterlage zu easy…

Von der Strecke her, sind bei mir immerhin 195km an diesem Tag zusammen gekommen.

Zur Spitze und in Richtung Heimat - Tag 5

Morgens nach dem Frühstück auf’s Rad und die paar Kilometer zur Spitze in Grenen, wo sich Nord- und Ostsee (und ein Reiseradler) treffen. Die Nord- und Ostsee waren relativ unbeeindruckt, der Reiseradler schon mehr…

Leuchtturm von Grenen
Fahrrad am Strand, dahinter die Nord- und Ostsee

Geschafft - Etappenziel erreicht!

Den Schnaps rausgekramt und angestoßen (um 9 Uhr morgens!). Dann versucht, entspannt nach Aalborg zu rollen. Mit der Entspannung funktionierte es nicht so ganz, denn der Wind kam eher von vorne.

sehr langgezogene Pfütze über den kompletten Weg

Ausnahmsweise mal Feuchtigkeit von unten

In Aalborg wollte ich zuerst in der Jugendherberge unterkommen - war aber geschlossen, ist in DK nicht so wie bei unseren Jugendherbergen. Also doch wieder Hotel. Das erste war voll, das zweite konnte ich nicht finden, aber im dritten wurde ich fündig. In Dänemark werden für so’n Zimmer recht stolze Preise verlangt, aber da es draußen wieder in Richtung Frost ging, war mir das Zimmer mit meinen durchgeschwitzten Klamotten und den 120km sehr recht.

Rest vom Dänemark-Track - Tag 6

Blick über Aalborgs Dächer zum Sonnenaufgang

Frostig frische Morgenstimmung

Am nächsten Morgen ging’s weiter. Die Wetterprognose (und die Realität leider auch) sah vom Wind her nicht gut aus. Hauptsächlich Gegenwind zum Leute ärgern. Da der thermische Wind in der Nacht nachlässt, war ich am Überlegen, ob ich die Nacht durchfahre und den Track bis Deutschland an einem Stück runterspule. Das war erst eine grobe Vorstellung, die dann aber auch so umgesetzt wurde, weil der Track zu entsprechender Zeit auch gar nicht an irgendwelchen Schlafmöglichkeiten vorbei kam. Sicherlich Shelter, die aber im Dunkeln nicht zu sehen sind. Die Datei mit den Waypoints hatte ich zwar dabei, nur ließ sich diese nicht einfach so auf’s Wahoo laden - die Wegpunkte hätte ich vorher einzeln umwandeln müssen. Soweit zur nicht ganz perfekten Vorbereitung. Weiterer Punkt: Es gibt auch eine Shelter-App, die aber auf meinen „Google-befreiten“-Handy nicht läuft - wurde mir auch erst in Dänemark klar.
Die Strecke hatte es auch von den Höhenmetern in sich. Es ging gefühlt ständig rauf und runter - deutlich über 4000 Höhenmeter.

Hügelige Gravelwege mit verschneitem Feld Beleuchteter Laubbaum in der Nacht

Eindrücke von Unterwegs

Gerade nachts hab ich dann auch schon mal Steigungen geschoben, um ab und zu eine andere Belastung für die Beine zu haben.
Nachtfahrten mag ich aber - auch wenn ich eher langsam unterwegs war. Immerhin hielt sich der Wind an meine Vorstellung und wurde in der Nacht deutlich weniger störend.

Kieswerk im Morgenlicht

Morgenstimmung

Morgens brauchte ich dann einen Bäcker… und fand keinen. Mist!
Schöne kleine Dörfer, die keinen Bäcker mehr haben und sonst nur absolute Nebenwege. Selbst an der Grenze war nix.
Es hatte sich schon vorher abgezeichnet, dass ich die Tour doch nicht bis Hamburg zurückfahren werde. Der Ritt von Aalborg bis nach Deutschland saß mir ziemlich in den Knochen und am morgigen Samstag war ich auf einer Geburtstagsfeier eingeladen. Dort wollte ich nicht in den ersten 10 Minuten am Tisch einschlafen.
Deshalb verließ ich kurz hinter der Grenze den Track und fuhr in Richtung Flensburger Bahnhof. Auf dem Weg den ersten Bäcker geentert und erstmal was gegessen. In Flensburg habe ich noch Verwandte und zuerst dachte ich noch, ich fahre kurz bei denen rum, falls es passt. Allerdings, die Vorstellung da noch mal den Hügel hochzufahren (Flensburg ist erstaunlich hügelig), hat mich schnell dazu gebracht, auch diesen Plan zu verwerfen, und ich bin schnurstracks zum Bahnhof (mit 335km reichte es dann auch) und mit der nächsten Bahn zurück. Der schnellere Weg mit Umsteigen fiel wegen Schienenersatzverkehr zwar flach, und so durfte ich noch die Sperrung vor Hamburg, und somit den Umstieg auf die S-Bahn ab Pinneberg, im vollen Zuge genießen.

Resümee

Obwohl ich den größeren Teil bereits 2020 gefahren bin, ist die Strecke sehr schön abwechslungsreich und durch das unterschiedliche Wetter auch jedesmal anders. Auch bei erneuten Fahren kein Stück langweilig.
Statt den 1360km der Strecke habe ich es auf knapp über 1200km gebracht. Da ich die Tour wieder nicht komplett gefahren bin, könnte es sein, dass ich mich nochmal daran versuche…


Was hat sich Neues am Setup bewährt, und was weniger?

Taugt
  • Als unterste Schicht hatte ich diesmal ein Brynje Super Thermo Shirt mit Windstopp - und war sehr zufrieden damit.
  • Durch den Umbau der Schaltung auf Lenkerendschalter konnte ich diesmal das erste Mal die Lenkerrolle sinnvoll nutzen (enthielt das komplette Schlafequipement).
  • Als Bereifung hatte ich diesmal Conti TerraSpeed 40mm (viel breiter geht bei meiner Gabel nicht) und die haben sich gut geschlagen. Diesmal schlauchlos und keinerlei Probleme, musste nur nachpumpen, weil das Rad sich sonst bei Seitenwind etwas aufschaukelte.
Taugt meistens
  • Mein Jacken-Setup hat noch Luft nach oben.
Taugt nicht
  • Keine Schutzfolie unter der Isomatte geht gar nicht…
  • Eine Food Pouch ist mit Winterhandschuhen ziemlich sinnbefreit.
  • Die Apidura Rahmentasche taugt für ein rundes Rahmenrohr exakt Null.